eins. und dann kam es doch zu etwas anderem, als er gedacht hatte. den kopf noch verstrandet von den alpträumen letzter nacht, saß er im bett und wunderte sich, dass kein blut an seinen händen kribbelte, hatte er doch gerade eben noch der friseuse ihre schere in den hals gerammt. tastend fuhr er sich mit zeige- und mittelfinger der rechten hand über den adamsapfel - da war keine klaffende wunde, kein zackiger schnitt oder die von fangzähnen gerissenen löcher. das morgenlicht erbrach sich über den zugeschneiten dächern, gegenüber seines zimmers erhellte sich ein vorhangloses fenster. eine frau in den vierzigern und bh öffnete die scheibe und griff nach draußen auf die fensterbank, wo eine flasche wodka stand. er stand auf, nackt, und starrte sie an. wahrscheinlich, dachte er, sind einige knöpfe an ihren hemden abgerissen. wer nachts betrunken ins bett gehen will, kümmert sich nicht wirklich mit sorgfalt darum, wie die kleidung den körper verlässt. die frau drehte den verschluss ab, nahm einen hastigen und tiefen schluck, drehte den deckel wieder auf den hals und stellte den wodka zurück. an der fensterscheibe klebte ernie, daneben eine insel, die mit fingerfarben hingekleckst worden war. vom gehweg unter ihnen stieg ein kratzen und schaben herauf - die kehrwoche gewann in dieser strasse gegen jedwede poetische vorstellung eines jungfernhäutchens aus schnee. er nahm sich vor, der frau einen brief zu schreiben, einen zettel, eine notiz, ein blatt papier, auf das er schreiben wollte: frohe weinachten, und ihr in den briefkasten zu werfen.
zwei. bad reichenhall wird zu bad leichenhall. kragenmantelreporter stehen im schnee. richtig nasser schwerer schnee, der sich auf das dach gelegt hat, wie die computeranimation zeigt. tränen fliessen aus den augen und frieren fest als tropfen, als hätten sie mit ihren zungen an einer zu kalten wange geleckt. später, tage später, wird noch in london ein wal durch die themse schwimmen, terroristen gedichte auf tonbändern vortragen. staubflocken sammeln sich hinter deinem kleiderschrank, ohne, dass du etwas dagegen tun kannst. das ist die natur der dinge, dahinter zu sehen nicht deine aufgabe. sie zu verstehen nicht deine aufgabe. du bist der deutsche schnee, der auf allem liegt und schwer wird, bis jede struktur in sich zusammenbricht. du willst berühmt werden, schickst bewerbungsschreiben an die ewigkeit, mal sehen, ob sie dich nehmen werden oder einfach nicht antworten. dein lebenslauf ein witz, dir geht es nicht um familie gründen, du willst ins rampenlicht, du willst nicht vergessen werden, du hast die anderen sachen ja auch nicht vergessen, die filme und bilder und worte und gesichter und geschichten und meldungen und töne und sel und jenes. gott - und am ende stehen wir und glotzen, wir standen schon damals da, schauten uns die boa constrictor an, als hätten wir nie was böseres gesehen, sie möchte, dass du sagst, du möchtest nun ins bett gehen, gehenna, geheldenhaft und das einhorn zwischen clearasil und valium reitet durch die nacht.
drei. kopfkissen und bettdecke fühlen sich an, als wären sie mit rauhreif belegt. wir versuchen krampfhaft, aufzustehen, unseren kreislauf in schwung zu bringen, indem wir masturbieren, als wären wir ein auto, das über nacht eingefroren ist. wir hantieren am zündschloss herum, immer und immer wieder, die einzigen gelben engel, die uns jetzt helfen könnten, sind asiatinnen mit kleinen warmen händchen. gut, dass wir immerhin geträumt haben, dass wir ein besonderes leben haben werden, weil wir unter wasser atmen können und dabei nicht nass werden.
vier. will doch noch nich ins bett will doch noch wach sein will siebene gerade stehen fühle mich geil fühle mich geil fühle mich als hätte die welt ein amateurvideo von mir gesehen ein ameur de tuer video de voire aller voire.
fünf. sie gingen nach schuhen schauen in die stadt, und er verliebte sich in ein schuhmodel auf einem bild, nahm sich fest vor, sich den namen der schuhmarke zu merken, was ihm anfangs gelang, und er sah die ganze zeit unauffällig (wie er hoffte) an die wand und dachte darüber nach, das bild einfach abzuhängen und nach hause zu nehmen, denn hier, oh nein, hier hatte diese wunderschöne frau rein gar nichts verloren, sie hing hier mit einem dutzend anderer models an den ockergelben wänden über billigen schuhen, die monatelang quietschten, wenn man sie kaufte, und er wusste, dass nur er wusste, wie man sie anzusehen hatte, nur er war der einzige, den sie anblickte, da aus dem foto heraus, mit ihren dunklen glatten haaren und den dunklen glatten augen und der dunklen glatten strapse und den dunklen glatten highheels, die so teuer waren wie das jahresgehalt der verkäuferin, die ihn neugierig beobachtete, anstatt sich um den linken schuh zu kümmern, den die kundin verlangte, was glaubte sie, wer sie war, ihn so anzustarren, als wäre er ein perveser, ein schuhfetischist, ein freak, ein schweinebengel, und er hätte ihr fast die meinung gegeigt, aber da wurde er auch schon wieder herausgezogen aus dem geschäft, in dem es warm war und gut gerochen hatte, plötzlich hinaus in die fußgängerzone zwischen die regenstriemen auf dem unsichtbaren rücken der luft, was einem schock gleichkam und dafür sorgte, dass er den namen natürlich vergaß und nun den rest seines lebens nicht mehr glücklich werden würde, das spürte er, und er begann zu weinen und war froh, dass das wasser auch von oben kam und erst aufhörte, als er sich leergepumpt fühlte, wie ein gartenteich, und dann wurde es schlimmer und er war ein fisch, der vom besitzer übersehen worden war, und zappelte und starb dabei und sprang herum, ein papierschnipsel mit einer liebesgeschichte, die vom wind durch die gegend gewirbelt wurde.
sechs. die anderen kinder schreien und weinen wie gurrende tauben. beim topfschlagen finde ich als einziger eine flache flasche schnaps unter dem wmf-topf. papa sagt, ich darf sie behalten und zeigt mir, wie man den deckel aufmacht. er lächelt seit zwei wochen zum ersten mal. draußen schlagen die wellen hoch, gigantische wasserberge und täler, wer sich nicht in glasgeschützten bushaltestellen aufhält, wird einfach weggerissen, so wie das viktorianische unterseeboot aus eisen, das im hafen lag und jetzt einfach zerquetscht wird, an all das erinnere ich mich, die vergangenheit klappt hoch, als wäre sie auf billiges holz gedruckt, und jeder einzelner gedankenschuss bringt sie zum umfallen, staub wirbelt auf. an allen haustüren dieser stadt sind kratzspuren der wilden hunde, die nachts immer erst dann bellen, wenn man alleine ist. kein mensch kann mehr aus den fenstern sehen, weil in den vorhängen hunderte kleine schwarze käfer leben. wer husten muss, nimmt nicht die hand vor den mund, sondern spüht die spucketeilchen auf fernsehschirme, monitore, spiegel und andere glatten flächen, um in den mustern die zukunft der welt herauszulesen.
sieben. "rasier dir mal die muschi" durch's megafon gebrüllt, nach dem viertelfinale, von ein paar fussballfans, als sie um die ecke bogen, und er und sie, die eigentlich zum spanier was essen gehen wollten, in ruhe, zuckten zusammen, besonders sie, aber das schlimme war, dass er dann nur kurz lachte, nichts sagte, und sie sah ihn von der seite an und liebte ihn nicht mehr, liebte ihn nicht, als er die enchilladas bestellte, sie aß, alles bezahlte und den ganzen abend lang redete, dummes zeug, ekelhaftes zeug, eine lusche, ein schwacher mann, der anderen männern gestattete, dass diese in ihre bikinizone eindrangen, während draußen ganz deutschland hupte und jubelte, hurra, sieg, cabrios und schwarzrotgoldene fahnen, das fegefeuer für eine beziehung im juni 2006.
acht. möchten sie ihr leben wirklich in den papierkorb verschieben, dachte er, den curriculum vitae zwischen daumen und zeigefinger über den vollgeschneuzten taschentüchern, der leeren tablettenverpackung, den abgeknipsten fingernägelsicheln, dem braunen apfelbutzen, dem in vier teile gerissenen brief von der gez, den welken blättern der topfblume, dem kaputten kugelschreiber, dem werbeprospekt vom thai-food-bringdienst, dem staubklumpen von hinter dem sofa, der toten wespe vom fensterbrett, den zwei zusammengepressten kronkorken, dem abgeknickten zahnstocher, der quittung für eine 10er-spindel dvds, der plastikverpackung der 10er-spindel dvds, der in zwei teile zerbrochenen fehlerhaft gebrannten dvd, der herausgeschnittenen seite aus dem neuen wolford-kalender 2006 und dem blutigen pflaster schwebend.
neun. das gehirn braucht zucker und blut rostet. mit fett kann das gehirn nichts anfangen, mit dem gedanken an den tod auch nicht. tha-hat's why i ta-ke my pi-hills, sang sie vor sich hin, als sie in ihrem kombi an der roten ampel stand. wie immer, wenn sie mit dem kombi irgendwo stand, riss sie die handbremse hoch, bis diese mit einem geräusch einrastete, das nach dem schnarchen ihres ehemannes klang, wenn der vor dem fernseher eingeschlafen war. sie sah auf die rote ampel und musste plötzlich lachen. mein ehemann ist ein kiwi, dachte sie, ohne genau zu wissen, warum sie glaubte, ihr mann sei ein kiwi. die ampel schaltete auf gelb, und sie sah für eine sekunde, dass jemand einen smiley auf die gelbe ampelleuchte gemalt hatte, dann wurde es grün. schade schade, dachte sie, weil sie sich nicht wirklich über den anblick hatte freuen können. oh au-gen-bli-hick ver-wei-heil do-hoch, du bi-hist so-ho schön, sang sie dann und blickte prüfend in den rückspiegel. hinter ihr war kein auto, sie fühlte sich gut. gespannt sah sie auf die ampel und wartete darauf, dass das gelbe smiley ihr wieder zulächelte. dieses mal würde sie sich freuen, und allein der gedanke daran machte sie wirklich sehr sehr glücklich.
zehn. ich will wieder schlafen, gähnt die dame am schalter, ich will wieder ins bett. die flüge sind die jüngsten, die hier loskommen, weil nachtflugverbot. obwohl niemand raucht, sagt die dame am schalter: bitte beachten sie, dass dies eine nichtraucherszone ist. rauchen ist nicht erlaubt. dann auf englisch: this is a non smoking area -- und in dem moment kommen welche mit einem roten koffer angerollt und stellen sich vor den check-in-counter, die dame am schalter lässt sich die ausweise geben und die boardingnummer und ist so müde, dass ihr die augen kurz zufallen, als der rote koffer in den flugzeughallenschlund gezogen wird von der fließbandzunge, dahin, wo es so seltsam laut pumpt, wie der herzschrittmacher eines riesens. und natürlich stellen sich die anderen drei gäste, die hier um 5 uhr morgens darauf warten, auch gleich an, hintereinander in die kleine schlange, als hätten sie keine zeit als wär krieg und das der letzte flug als wär vietnam und der letzte helikopter als wär "es war einmal der mensch" und die letzte rakete, bevor die welt explodiert. die dame am schalter lächelt trotzdem und denkt an den traum, den sie vor 46 minuten hatte, fluggast im besitz einer traumflugkarte also, das sie sich im spiegel sah und da war ein anderes mädchen, eines von früher aus der grundschule, das an leukämie gestorben ist, das sie ansah und sagte, so schlimm ist es nicht susi, obwohl sie ja nicht susi hieß, sondern mareike, dann sagt sie: fluggäste, die bereits eingecheckt und im besitz einer flugkarte sind, begeben sich bitte zur sicherheitskontrolle, stellt das mikrofon aus, die mareike, und denkt daran, wie die daniela immer mit ihren plastikhandschuhen durch die taschen der fluggäste geht, obwohl ja schon der röntgen durchging, aber sie, die daniela, ihr macht das auf jeden fall spaß, das rausholen von persönlichen dingen, das voyeuristische, so heisst das, die daniela ist eine voyeurin (oder voyeuse?), dann denkt mareike wieder an die nadine und wie sie da aussah im spiegel, mit ihrer stimme, die klang, als wäre sie in einem koffer eingesperrt, das unheimliche war, dass die mareike spürte, dass die nadine recht hatte, sie durchschaute und kannte, obwohl sie ja nur ein halbes jahr neben ihr gesessen hatte, aber damals war sie auch schon so bleich im gesicht, bis sie dann nicht mehr zur schule kam und michael kneitlinger neben sie gesetzt wurde, der mit den feuchten händen, die er immer an seiner hose abrieb, die davon an den oberschenklen schon ganz dünn gescheuert war. mareike juckt es im schritt, aber kratzen kann sie sich im augenblick nicht, weil wieder neue fluggäste vor ihrem counter stehen. mareike spürt, wie der schwere schlüsselbund um ihren hals nach unten zieht und schnüffelt: sie riecht jetzt schon nach schweiß bitte beachten sie das rauchverbot im gesamten terminal eine raucherzone befindet sich hätt ich besser noch geduscht, weil seit einem monat kommen auch fluggäste, die keine sind und geben sich als welche aus, sind aber von ihrer firma, und kontrollieren, ob sie nicht jemanden wegkürzen können, der nicht ins firmenprofil passt (von wegen ich bin zu alt!), aber nicht die kerstin - wetten - einen schönen guten morgen meine damen und herren, bitte schalten sie aus sicherheitsgründen ihre elektronischen geräte aus, die will ja jeder ficken, der einmal von tempelhof geflogen ist. aber das ist eben so als stewardess, vielleicht ist die kerstin ja eine nympho, im internet stand mal so ein artikel über den mile high-club, da stand, dass jeder automatisch da mitglied ist, wenn er es über den wolken getrieben hat, sogar die mariah carey oder war es die j lo oder janet jackson sind bereits mitglieder. mareike gibt dem jungen türken im anzug seinen pass zurück, der ist ganz glattrasiert im gesicht und riecht nach parfum und als er nach vorne greift, rutscht der jackettärmel nach hinten, eine große digitale uhr, auf der die zeit komischerweise rückwärts läuft, auch so ein gimmick für manager. gott, bin ich müde, denkt mareike wieder und muss vom sekt red bull im missisippi gestern abend aufstossen, hält sich die faust vor die lippen dreht den kopf zur seite und rülpst leise.
elf. und wir machten uns gedanken. darüber. und über anderes. und über alles. und dann hörten wir hin, ob irgendjemand eine anwort hatte, auf uns. aber wir hörten nur das rauschen der autoreifen, das lachen von jungen frauen, unser eigenes atmen, das unsicher aus den nasenlöchern kam, wir saßen an unseren bildschirmen und hofften darauf, dass terroristen eine emp-bombe über die gesamte welt explodieren lassen würden, damit wir unsere augen auf etwas anderes als die 25 bilder pro sekunde richten könnten, aber da kam nix, vielleicht - dachten wir - sollten wir vielleicht wieder das beten lernen, ein gebet pro bild, HUUP, wir verlagerten unseren nachdenklichen arsch nach rechts und hoben die linke backe hoch FURRRZZzz, und gott hielt sich die nase zu, vielleicht auch die augen und den mund und die ohren, denn der kerl hatte vor jahren mal eine domain eingerichtet namens ich-antworte-auf-eure-gebete.com mit membership accounts, für den wir ständig zahlten, und gott wurde reich, und das reich gottes kam nicht, sondern rückenschmerzen . und gott saß da auf seinem thron aus porzellan oder emaile und dachte: deswegen heißt es scheißen, ihr scheißt das aus, was ihr am tag angefressen habt, die scheiße die ihr im alltag erlebt habt, muss ja irgendwie wieder raus, deswegen also der begriff "scheissen". und er suchte nach klopapier und sah im fernsehen, wie ein junge ein mädchen umarmte, und hinter ihrem rücken aus einer colaflasche trank.
zwölf. und meine uhr ging zehn minuten vor.
dreizehn. das schlimmste daran war, dass ich dir nichts zu sagen habe, dachte ich, das schlimmste daran ist, dass ich dir nichts zu sagen habe, sagte ich, den rechten zeigefinger über dem mouserad, weil so geht das nicht weiter mit uns und der sprache sowieso nicht, immer nur ich ich ich und meine finger auf dir, und du nur blink blink blink link link link und sonst nichts. du bist wie eine wand, dachte ich, da kann ich ja gleich mit einer wand reden, dachte ich, da kann ich ja gleich mit, sagte ich und dann hatte ich was neues, wegen dem schnellen rechten zeigefinger eben, gefunden: ich kann mich so gut lustig machen, wow, so schnell, also da ist ein alter schulkamerad, der hat geheiratet, und natürlich alles fotographiert (wenn ich heirate, dann ohne fotoapparate weil suchmaschinen), lustig machen, ja, da war ich, immer diese parataxen, da heiratet der mann, der früher anstatt lachen "hnfnfn" geschnauft hat, eine frau mit abgeschnittenen anzughosen und -- wenn er weiß, dass er fotographiert wird, sieht er in die kamera und sein gesicht sieht immer gleich aus, ein copy/paste-mensch, as copy as in paste:
Hallo!
Mein
Name ist Leonhard (Leo).
Ich bin mit Olga
verheiratet.
Ich befinde
mich zur Zeit noch in Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker
für Nutzfahrzeuge bei der Scania Vertrieb und Service GmbH
München / Unterschleißheim.
In meiner Freizeit bin ich
gerne beim Technischen
Hilfswerk in München.
Dort bin ich Ausbilder der Kraftfahrer und fahre einen GKW 2,
einen Gerätewagen für 8 Personen.
Außerdem singe ich im Gospelchor und im Lobpreisteam unserer Gemeinde. [mehr]
.. und die kirche da ist behindertengerecht und barrierefrei, das heißt, erzählte ich dem krummen kreuz: du kommst ohne probleme in den himmel. aber das ist vielleicht auch die liebe, die wir nie haben werden, dachte ich, weisst du, die lieben sich einfach so, und wir machen da so ein trapez draus, sagte ich, da kannst du mal scharf nachdenken, dachte ich scharf nach, da kannst du mal überlegen, was wir für gedankennazis sind, sagte ich, nur weil die so glücklich sind und wir nicht, dachte ich, und davon findest du tausende, millionen im netz, wenn wir - nein die können wir nicht auslöschen, da kommen immer noch mehr davon, sagte ich, einfaches glück, über das wir nicht herrschen können, dachte ich, nur lustigmachen, sagte ich, in hypotaxen, die fahren uns dann doch am ende des tages aus der großstadt raus in die kleinstadtträume unter unserem bett, dachte ich, das, sagte ich, wäre schön, dachte ich, einmal jemandem zu sagen, der es versteht, dachte ich und scrollte mit dem rechten zeigefinger weiter.
vierzehn. wie groß ist die wahrscheinlichkeit, dass ihr linker nackter fuß auf eine halbvolle tempopackung auf dem teppichboden tritt, diese an der sohle hängen bleibt, während sie in eine schlafanzughose hineinsteigen und sich die taschentuchpackung genau in dem moment vom fuß löst, als sie mit dem linken bein in das linke hosenbein steigen, dann durch das schlafanzughosenbein hindurch fällt, zurück auf den teppichboden, dass sie daran denken werden, dass genau jetzt, genau das eben, genau dieses bild ein ehepaar über die 6o zeigt, bei dem der mann in diesem moment sein tempospermium durch das gebügelte hosensamenleitersystem jagt?
fünfzehn.
-
hello
- who
are you?
- i'm
sabrina elley.
- whatareyadoinhere?
-
i'm doing ... today and .. wet
-
not so fast. are you aware that this is a zero no
tolerance entertainment production?
-
yes.
-
are you sure?
- hehehe,
yes.
-
do you know what that means?
-
no
-
means that you need certain qualifications. first
of all: how many tatoos do you have?
-
i have no tatoos.
-
you have no tatoos?
-
ah-ah.
-
do you have boob jobs?
-
i have no boob jobs. all natural-
-
nah, let's see
-
here do you go.
-
you appear to telling the truth. you are smarter
than i thought you were. allright.fine-.you have
no tatoos. you don't have one over your ass, like
most of the girls have?
- hehe.noo..
- no?
areyasure? no?
- no!
check out! no tatoos.
- pull
this down a little bit, cmon - you could be hiding
something.
-
ha ha - im not hiding anything.
-
not on the outside.
sechzehn.
gegen ende des tages erschienen in den augenwinkel menschengesichter in den bäumen, die neben erhängten männer- und frauentorsi (sie schwankten leicht, man sah aber nicht die achtgeknüpften henkersknoten hinter ihren nacken, nur blätterwerk), sie weinten kleine pflanzenteile, jemand zupfte sie sich aus den grauenhaften haaren, rieb sie zwischen daumen und zeigefinger hinüber, und sagte: der baum scheisst. die einen bekamen angst, weil sie von den anderen gehört hatten, dass die toiletten übergelaufen waren, man konnte sehen, wie einige von ihnen mit einem nassen fleck am arsch durch die gegend liefen, manche hungrig nach liebe, die anderen hatten sich ihre seelen stehlen lassen und fragten jeden nach einer hotline-nummer. über ihnen zog sich der himmel zu, die engel spielten stühlerücken, katzenboote aus schwarzem samt (sie waren schon so lange unterwegs auf den den meeren, dass ihre fässer von arachniden okkupiert waren) stellten ihren mast steil in die luft, ahoy, setzt die segel, lasst die ratten an land, bei den verlieren, schrien die einbeinigen piraten, die sich vor dem einsetzenden regen in die telefonzellen gerettet hatten, die scheiben vor ihren augen zersplittert, nahmen sie den telegenhörer ab und wählten nummern, wenn sich jemand meldete, legten sie schnell auf, und wählten die nächste nummer, addierten einfach eine eins dazu, und manchmal hatten sie glück, und es war besetzt und sie konnten sich spüren, in den atemzügen dazwischen, in denen sie sich sätze zurechtlegten wie puzzlestücke, liebesschwüre und beichten, flüche und rum-gespinntes, die sie dem wesen am anderen ende der leitung gerne untergejubelt hätten, aber dann meldete sich nie jemand.
siebzehn.
ich kann dir eines sagen, kumpel. die sache mit dem blues lass mal am besten, dass ist so, als hätte dein computer einen virus oder einen trojaner oder sowas, und du tippst zwar was rein, aber die buchstaben kommen nicht eins zu eins auf den rechner, sondern erst nach ein, zwei sekunden auf den bildschirm, du tippst also deinen lebenslauf oder liebesbrief oder lastschrifterklärung hinein, ziemlich blind, und deine augen sind in amerika oder sonstwo, in einer anderen zeitzone auf jeden fall, so dass alles verzögert ankommt, als wäre da jemand oder etwas, der alles ganz genau durchleuchtet, einer der sagt, ja das war gut, und das war sowas von duweißtschonwas, der kerl, der fragt: warum eigentlich genau schreibst du so stark, daß matratzen wackeln und füße nass werden, gläser auf holzböden zerspringen, katzen ausreiss nehmen, gläser glassplitterdrinks, you know the way, viel leichter kannste sagen vielleicht kannste reden davon dass sich was verliebt hat zwischen den saiten da blingblang bluenotes you know, oder die dirty notes, for the connaisseures.
achtzehn.
aufgerieben pflegt uns nur ein gedanke
dass es tiefe betten gäbe ohne tote federn
dass wer uns nur die eine chance
dass wir ein atemzug mehr für die andere kerze
dass wir meilenweit nichts anderes
sähen endlich als alte brosamen
in guten märchen
und über all dem jemand ebenso wach darum -
und neben uns -
den wir längst umarmt ohne großen grund
den wir nicht bräuchten wie sonst alles
wenn meine gelenke knacken genauso schlimm wie deine
und neben uns -
überall schlafen die mütter schon auf ihren sofas
summen wie junge welpen in träumen
küsst ein feuerzeug seine lieblingshälse
brechen irgendwo kronknochen
in vaters keller war ein friedhof
ein letztes mal war auch ich dort
mit allen geistern unterhalten
die meisten masken mit clownsnasen
um die fingernägelkratzer dahinter zu verstecken
und die anderen nichts zu lachen
der schnee war aus staub
darin liebten sich 1ooo weiße mäuse
immer im kreis
sag:
ich dir
frag:
nicht warum ich
jetzt daran denke
und warum nicht
einfach nur an dich
aber:
für dich zünde ich auch im tiefsten winter
noch eine kerze
nur mit einem toaster an
obwohl
das keiner von mir erwartet hätte
frag:
mich was
frag mich was jetzt
frag mich was jetzt schöner wäre
und ob ich mir die zukunft genauso schwarz male
wie die leinwand draußen unter dem mond
und ich schüttelte so sehr den kopf
dass meine halsgelenke knacken
genau wie deine
als du nur noch schlafen gehen wolltest
und ich wette
das haben dir schon tausende gesagt vor mir
aber:
wäre das nicht ein leben
oder besser zwei zusammen
ja-
ich weiß die ganzen alten platten haben wir alle schon gehört
aber:
das macht die lieder nicht schlechter
irgendwann
hört man
nicht mehr nur auf den refrain
schaut
nicht mehr auf die uhr
weil es dafür sowieso zu spät ist
aber:
eine also bitte
ich sag dir was jetzt
sag dir was
sag dir
dass ich angst habe dir nichts sagen zu können
wenn du früher einschläfst als ich also
bitte:
bitte sag mir einfach
bitte sag mir
das
bitte sag mir dass du das nicht tust
bevor meine platte nicht zu ende ist
und ganz am vorbei
nur noch leise knistert
wenn du dich hinlegst
mit dem ohr auf dem grund
um den text zu hören
und mitzusummen
neunzehn
manchmal, erzählt mir eine stimme, und ich weiß, das bilde ich mir nicht ein, manchmal steht das toilettenfenster einfach absichtlich offen, und dahinter hat die nacht ihre folie geklebt - und egal, was dein schamgefühl dir auch sagt, wenn du alle flüssigkeit der letzten stunde aus dir hinauslässt, und es klingt wie ein ozean für dich, wie wellen, auf denen der gesamte frachtverkehr.dieses planeten schaukelt, gurgelt es durch den spalt in den innenhof, ertränkt das peilschreien der fledermäuse, steigt in den dritten stock hoch zu der frau, die in ihren träumen auf pelikanen reitet, wenn ich nicht da bin, aufgerissene schnäbel, die danach schreien abgebrochen zu wertden, weil sie aussehen, wie aus wachs und seide geflochten. sie nennen es regen und ich kann nichts anderes entgegnen, es fällt und fällt und die vertrockneten kastanien fallen auf den boden, zwischen den schwingen der krähen, ich glaube, sie jagen sich gegenseitig, mit kreischen einer verfetteten katze, bis es klatscht, trocken und hart, ich denke eine davon ist gegen die wand geflogen, unter dem fenster, aus dem letzte nacht vergurgelte männerstimme und hochfrequente frau sich stritten, polizeirufpassend, und zwischen dem quadrat aus wohnbeton flogen schon früher im gewitter und blitzhimmel amseln hinter der einen her, drei bis vier männchen und das kreischen. lust oder tod, keine ahnung. ich spreche nicht amseln. ich spreche nichts, ich sitze hier und, das bilde ich mir ein, über mir liegen wesen, die nur katzenaugen sehen, glaskörper geschwungen von der seite, jemand da oben dreht den hahn noch weiter auf, mal sehen, was die da unten daraus machen, mit den ganzen nachrichten, die wie kleine moskitos mit höchstens 160 zeichen in alle länder der welt fliegen, das stille geschnatter zwischen mond und erde, abgefressene fingerspitzenhaut die einene, die anderen herzfetzchen, aber hier brummt und summt kein flacher empfänger, hier ist das niewoland. das warten, mein schatz, ist die kunst ohne verstand, murmelt die stimme aus dem fallrohr, wenn jemand über mir im dritten vierten fünftem stock defäkiert, rumpelt es hinter der wand und ehrlich eigentlich will ich das nicht hören, meinen papagei habe ich unter schwarzer folie verpackt, ich hoffe ja nur, dass er das überlebt, solange die sonne nicht hochkommt, und atemlöcher, die, sage ich, habe ich nur dreifach, zweimal nase, einmal mund - und ganz selten, durch das grosse nichts zwischen kopf und herz, medizinisch nicht bekannt.
zwanzig
wo sind wir, wenn der abspann deines lebens läuft, irgendwo in den juckenden stellen unserer füße und handgelenken, wenn wir uns nur kratzen könnten, oder jemanden hätten dafür wäre noch schöner, einen dieser menschenautomaten mit hornfortsätzen an den extremitäten. mancheiner behauptet ja, das jucken käme durch müdigkeit, andere sage, kleinstlebewesen ernähren sich von den obersten hautschichten, tragen den menschen ab wie kleine bagger, auf der suche nach kohle, gold, und hier wohl blut.
einundzwanzig
discoarterien und in untiefen brechende granitwände, ein rauschen milliarden schweisstropfen des atlas, wo oben und unten im universum ist, weiß niemand, nicht gestern, nicht in diesem milliardstel sekündchen, und was da in dir drin schmort, was sich da verpuppt, grausames, das sieht keiner, nicht du, nicht mal im spiegel, kein arzt mit stethoskop. die nieten brechen weg, festgeholzt und verwuchert und betoniert, da könnten noch zehn weltkriege kommen, die nieten um den schwarzen kasten da sind so sicher, und dann wieder nicht, wenn du daran glaubst, dass schrödingers katze gar keine katze ist, sondern gleichzeitig ein hamster, eine handtasche, eine maultasche. lass es eine geburt sein, ausgeburt, totgeburt, wie auch immer, stoßatmen jetzt und hitzewallungen, warum das auch immer so lange dauern muss, ewig und ewig zieht sich das hin, die fruchtblase hat wohl kleine löcher gegen den überdruck, platzen tut da nichts, fruchten sowieso nichts, du warst immer schon ein guter junger jahrgang und versäuerst nurmehr, kippst um, verkorkst, das flüssige gerinnt in dir, brockt sich zusammen, und panisch suchst du nach eigenblutserum, das muss doch noch irgendwo sein, kann doch nicht alles aufgebraucht sein, und wenn doch? dann war's das mit der tippgemeinschaft wohl, kein schöner gedanke, surrt das jojo in der bauchdecke, stösst dagegen, das kleine fiese alien da, das sich von ideen ernährt und idealen und wahnsinn, hat sichs gemütlich gemacht in speckfalten aus sonntagen auf der couch und glückseligkeiten im möbelhaus. nicht dass das was schlimmes wäre, das ganze ist wie kinderspielzeug im sandkasten, gewollt, wenn der andere es hat, langweilig wenn es einem gehört. und immer wieder die wiederholung und immer wieder die wiederholung, seltsames mantra, monologmantra zur rechtfertigung der untätigkeit. vielleicht nennst du das kind ja dann beim namen, wenn es durch die innenwelt mal endlich nach außen bricht, frag den herrn doktor erschöpft, was es ist, und er wird sagen, faulheit, denke ich, und du sagst erleichtert, und ich dachte schon es ist angst, und legst dich entspannt zurück, da meldet sich der doktor noch einmal und sagt, oho, da kommt ja noch was nach, da ist ja noch mehr drin in dem schwarzen loch da, und plopp da kommt die angst und heult, krallt sich fest und will sofort wieder zurück, die augen zumachen und wieder zurück, und plopp da kommt der neid, und plopp da kommt die wahrheit auch noch ans licht, reisst das maul auf und quäkt: du glaubst doch selber nicht daran.
zweiundzwanzig
so hauen wir die bakterien weg, tsunami aus dem deutschen weintor, und jemand hat wieder ein loch in die nacht gestanzt, am ende der zeiten wird es mondkonfetti regnen, das sei versprichen. versprochen später in die kloschüssel gebrochen, junge junge was wiederholst du dich, heisst das, du solltest wieder raus in die welt? hör auf mit dem fingernagelbettpetting, das sorgt nur für krumme dinger am ende der finger, bohr ey. da ist kein loch im knie, da hustet nur alter staub die lungenstrasse hoch, wendehals macht knick-knack, die zeit tick-tack und wieder hat jemand den himmel ein stück nach rechts geschoben. dies ist nicht die zeit nachzudenken, dies ist die zeit im stehenbleiben weiterzukommen, zu warten auf das unerwartete, darauf dass schwarze katzen aus der nacht springen, such nur das richtige augenpaar aus pulsaren auf und sprich die richtige formel ABRAKADAVER und vielleicht klappt es, wenn nicht für dich, vielleicht für jemanden am anderen ende der welt. ich bin der reissack in china wenn du der schmetterlingsflügel im hurrikan bist, verstanden? die anderen sind alle schon losgelaufen, aber ich warte noch auf die starterpistole, bis ich letztlich merke, dass ich sie im holster habe, aber die munition muss ich auch erst suchen, das hier ist der ponyhof des lebens, die lahmen werden mit scharfer munition erschossen, schneller als du denkst, aber vielleicht wartest du ja auch darauf, dass von außen ein loch in die hülle geschossen wird, damit endlich der stausee herausbricht, a la entzündeter pickel auf dem rücken, da klappt es ja im miniaturwesen, fragt sich also nur wer den trigger triggert und ob du nicht implodierst, du alter fernsehapparat. horch gut zua: es sind immer die lieder mit den eingängigen harmonien, die dich zum weinen bringen, und was das alles mit dem rest zu tun hat, erschliesst sich im schlussakkord, bestenfalls. und hör endlich auf, in alten mails rumzulesen, das ist ja noch schlimmer als von einem satelliten getroffen werden, auch so ein tod, der einen noname in die schlagzeilen bringen würde: und wahrscheinlich genau auf dem weg zurück von der lottobude, wo er zum ersten mal im leben die sechs richtigen angekreuzt hatte. das leben schreibt dir dir seltsamsten drehbücher und sucht sich für den letzten punkt auch gern mal raumschrott aus.
dreiundzwanzig
den zündschlüssel vergessen habe ich wie zu schreiben eigentlich und anstatt einfach nicht nachzudenken über wollust in schwarzen slips und oberlippenwarzen, draußen im grünen zwischen hochgesang der ameisen und niedergang der armen ritter in der nase. jetzt ein steak gerbraten auf den heißen öfen der 80er, zusammen mit pin-up girls und kokain, lass das rauchen sein steck die kohle dafür ein uns kauf dir ein schloss in den wolken dafür. hund katze maus, lass alles raus und seinem freigang, gitterstäbe aus zerfetzten knochen und platinplattenschrauben dein monatelanges gefängnis, der ausbruch kann nur kreativ sein, muss kreativ sein, zick zack narbig durch die gedankenwelt fetzen, nicht zögern, nicht überlegen, welcome back in the land of the unmöglichkeit. piee-paaa-diiiiee-daaaa heult die sirene, wschwschwsch rauscht es im baum und spinnen springen an ihren unsichtbaren bungeeseilen durch den blauen tag, ich will auch, das will ich auch, die seele wie ein segel aus dem brustkorb rauslassen, sich daran festhalten und durch die luft ziehen lassen, einplatschen in den stream of consciousness, hauptsache irgendwas getan, just do it, der rest wird dann folgen. gib mir ein heimlichstillundleise-manöver, dass den faulen sack die hoden abschneiden kann, wo ist das swat team der eitelkeiten, das sich an lianen aus ironie durch die gegend schwingt, wo mein treuer gefährte und kamerad "willie wird schon", wenn man ihn braucht? und immer überall dieser elektrische blick, der 24h angedockt werden muss, das hast du nun davon, wo ist dein anologes notizbuch hin, die arme sau verstaubt seit jahren im regal, gerade mal ein drittel vollgeschrieben, während an dir nagt, dass es keine erzählenswerten geschichten und sätze mehr gibt, dass sich alles geleert hat, da auf deiner freidenkbühne im hirn, elvis has left the builiding years ago, jetzt pfeift der laptopventilatorenwind von links nach rechts ins ohr, die konzentrationsspannung ist auf 0 watt gesunken, vielleicht ja doch alzheimer oder poröse neuronenbahnen, die ab 25 anfingen, auseinanderzubröckeln, zu kollabieren in einen schutthaufen aus abgestorbenen ideen. oh herr, lass den blitz einschlagen, um im treibsand der nichtigkeiten etwas wundervolles zu formen, mehr verlange ich nicht.
vierundzwanzig
da geht der virus um in den lungen der berlinalkoholiker, die alte schöne welt hustet sich einen, bis die bäume blattfrei tragen und mit den ästen vom himmel gefallene schwarze kadewe-beutel fangen. dazu morsen die mausklicks die legende der alten helden, eben noch mitten beim shopping und dann all gone to the rapture, da kann sich american beauty noch was abschauen: hier sind die plastiktüten mit hundescheisse gefüllt und lauern auf leisesohlentreter, um lautlos in stinkenden gedärmen zu explodieren. keiner will die reality bingewatchen, aber alle tun es, die werbeunterbrechung musst du dir schon in der rem-phase erträumen, irgendwo da zwischen decken decken und decken. warte nicht auf den schimmel, der sich in den kellern der stadt zu beachparties trifft, warte nicht auf den araber, der durch die hirne der wutbürger galoppiert, warte nicht auf den schnee, der hat alzheimer und vergessen, wo er hin soll. bloß nicht auffallen, wenn die schwerkraft aussetzt und uns die welt um die ohren fliegt.
fünfundzwanzig
es ist ja nun wirklich schönes wetter, da sitzt man nicht vor dem rechner. da legt man sich wie eine katze auf den flokati in den sonnenfleck und lässt sich von den uv-strahlen so richtig durchmassieren. augen zu und ab durchs lila-schwarze universum hinter den augenlidern, wellenreiten auf den neutrinos, die durch deine atomstruktur ballern, ein unsichtbarer hagelsturm aus geisterteilchen, und doch, vielleicht trifft eines aus billiarden ja doch zur richtigen zeit die richtige stelle im neuronennetz, startet eine kettenreaktion aus elektrischen impulsen, die sich durch das gefaltete graue geäst blitzen und in einer explosion aus stroboskop-spurenmunition für den bruchteil einer nanosekunde ein geisterbild auf deinem unterbelichteten hirnfilm hinterlassen, in der hoffnung, dass darauf ein radioaktiver schattenriss hängenbleibt, sich einfrässt, und polaroidmäßig an gestalt, kontur und farbe gewinnt, bis sie endlich endlich erscheint, in aller pracht: deine geniale geistesblitz-idee.
sechsundzwanzig
man mag annehmen, dass jenseits des universums, bei den großen alten tentakelwesen mit charfghlorgh-namen, es einen - denn es gibt immer einen - klassenclown gibt, der beim alltausendjährlichen kaffeeklatsch mit den anderen monstern die grandiose idee hat, den dunklen zuckerwürfel aus dem pott zu schlorpen und durch die dimensionen zu schleudern, wo er dann in mekka landet, ihre krakenaugen beobachten amüsiert, wie sich tausende menschenameisen auf zwei füssen sofort kreisartig um den eigenartigen riesenklotz bewegen, und ctullhu-junior freut sich, denn jetzt kann er die lupe endlich mal einsetzen, die er zum geburtstag geschenkt bekommen hat, das licht von millionen sternen bündeln und denen da unten ein wenig einheizen.
siebenundzwanzig /all inclusive
Sie saßen noch nicht mal, da fingen die ersten damit an, Fotos zu machen. Sie fotographierten sich, wie sie sich in die 3er-Reihen hineinklemmten, mit lila Flecken in den Haaren, sie fotographierten solange, bis ihnen ihr Plastikessen von der strengen Stewardess-Matrone aus dem verschrammten Servierwagen auf die Klapptische gelegt wurde, das sie auch fotographierten, dann klang es plötzlich so, als würde sich alles elektrisch aufladen, schlecht synchronisierter Kunstschnee, ein Geräusch wie das Gefühl, wenn ein Gabelzinken den Schneidezahn berührt, sie rissen gleichzeitig die Folien auf, das Geblitze hörte auf, bis sie fertig waren, dann fotographierten sie die leeren Hüllen, und nicht etwa den Schimmelwolkenteppich draußen, auf dem ein einziger Pickel herauswuchs, ein Atombombeneisberg in der Troposphäre, und bei jedem Luftloch schrien sie in einem Unisono-Orgasmus auf, starben tausend kleine Tode, obwohl ihr Urlaub ja doch erst gerade anfing, und deswegen ist das Klatschen auf der Landebahn umso lauter und dankbarer, nicht wie Tage später das Klatschen für die "Flipper"-Gruppe der Kleinkinder, die mit einigen Animateuren auf einer kläglichen Bühne vor handgemalten Sonnenaufgang herumhampeln, und am Ende wird den Kindlein schonmal der Slogan zusammen mit der Clubhymne ins Unterbewußtsein eingepflanzt, damit sie als Erwachsene nicht zu den Robinsons gehen, sie klatschen auch nicht so wie bei der Liveband nach dem Abendessen, bei dem offener Rotwein in Flaschen serviert wird (an dessen Öffnungen alte Rotweinreste kleben, also wahrscheinlich die ganzen Reste vom Vorabend mit einem Trichter in eine leere Flasche gefüllt wurden), die es tatsächlich hinbekommt, exakt wie die Songs auf einer CD mit 70er und 80er-Jahre-Musik zu klingen, Chamäleon-Remakes, sie klatschen auch nicht wie die acht Angestellten auf der weißen Treppe zum Restaurant, die an den Seiten aufgereiht in Klamotten stehen, von denen die deutschen Urlauber denken sollen, dass es Landestrachten sind, dass sie mal einen echten Tunesier sehen, ohne die Anlage verlassen zu müssen, einer von ihnen mit einer Trommel, und alle klatschen unaufhörlich, wenn sich die sonnenverbrannten Bäuche ihren Weg zum Buffet schnaufen, sie klatschen auch, wenn niemand da ist, bei hübschen Frauen ändert sich der Rhythmus, immerhin, d.h. ein wenig Spaß klemmt dann doch zwischen den Dinaren am Monatsende, nach einem davon bettelt dich der Sohn des Mannes mit dem amputierten linken Unterarm vom internen wöchentlichen Pseudobasar jedes Mal an, wenn er dir auf den geharkten Wegen der Anlage begegnet, während im Hintergrund einer der Animateure Robbie Williams imitiert und zwei Frauen um die 60 mit ihren Gläsern Bier und Zigaretten drinnen in der Lobby am Tisch sitzen und würfeln, als hätten sie Heimweh nach ihrer Eckkneipe. Nachts ist niemand unten am Meer, kein Licht, die Strandbar hat geschlossen, nur ein Security-Mann sitzt auf einem weißen Plastikstuhl und sieht auf die Wellen. Wenn man ihm auf französisch sagt, dass er den schönsten Platz der Anlage hat, lächelt er und wünscht noch einen schönen Urlaub. Er sagt später auch, dass er weggezogen ist aus seiner Heimat - oder Heimatstadt (das Französisch klingt wie eine alte Fahrradkette und das Öl dazu hast du in der Oberstufe verschüttet) und hat hier den Job angenommen, er will aber irgendwann wieder zurück, dann kommt sein lustiger Kollege dazu und fängt an, etwas auf französisch zu singen, hat er scheinbar in der Schule gelernt, von einer Frau mit dicken Brillengläsern, soweit du das richtig interpretiert hast. Das Meer gleitet wie eine Teichfolie auf den Strand zu, Bierschaum auf den Lippen. Ein Rauschen, nicht vergleichbar mit dem Gurgeln des Überlaufgitters des Pooles oben, Baden zwischen 18 Uhr und 6 Uhr verboten, weil das ruhige Grün die kleinen Kinder so hypnotisiert, dass sie an den flachen Rand rennen, der so aussieht, als wäre er aus Fell, weil das Wasser in einer dünnen Zwiebelschicht darauf liegt, und -pardauz- unter den Augen der Sonnenschirmheiligen gehen sie unter und verschwinden. Amen, kurz davor hat die MILF noch ihr kleines Kind fotographiert, wie es neben einem der vielen Frösche, die in der Dämmerung aus den Büschen kommen, an den Treppenstufen hockt, etwas später verwandelt sich das Kleinkind in eine schmale Katze, der Frosch in einen Salamander, der sich tot stellt, zwischen den Krallen, den Schwanz hat er schon panisch abgeworfen, er starrt nach vorne, obwohl direkt neben ihm eine schmackhafte Ameisenstrasse quert, die am nächsten Morgen von den Angestellten mit weißem Gift asphaltiert sein wird. Wenn man auf der Landstraße zwischen Flughafen (an dessen Zollabfertigung eine dicke Blondine von einem Beamten in Uniform nach Visum und Ehemann ausgefragt wird, beides hat sie nicht, aber einen Freund, stammelt sie verängstigt in Bruchenglisch, in ihren Augen läuft der Horrorfilm von tunesischen Kerkerverliesen ab, wo sie von haarigen & bärtigen Männern nackt an einer rostigen Kette an die Decke gezogen wird, worauf der Mann sie lächelnd an der Schulter fasst und you are a very pretty woman sagt) und Clubanlage den Shuttlefahrer fragt, ob die Einheimischen die Touristen mögen, nickt er eifrig, zeigt dann auf die Staubwolken neben der Strasse, wo ein gigantischer neuer Flughafen gebaut werden soll, dann hupt er weiter jeder verschleierten Frau am Strassenrand zu. Die Tunesier, hat man dir noch in Deutschland erzählt, mögen die Deutschen, weil sie im Dritten Reich soviele Juden umgebracht haben. Wenn man Azouagh, den Securité-Mann vom Strand nach den Anschlägen auf Djerba fragt, tut er so, als hätte er einen nicht verstanden. Von Terroristen träumt der schmächtige Kerl mit der Nickelbrille beim Bogenschiessen, wie er mit seinen Pfeilen vom Balkon aus für Gerechtigkeit sorgt, Johannes klingt ja schließlich ein wenig nach John, und Rimbaud hat er während des Studiums ja auch gelesen, die Frau auf der Bahn neben ihm (du könntest schwören, dass du sie früher mal in einem Kiosk einer schwäbischen Motorenfabrik gesehen hast) trifft den Luftballon vor der Zielscheibe nicht, keine Amazone also, dafür trägt sie eine Art Bluse, die wie der Bezug einer Sconto-Billigcouch aussieht, damit tarnt sie sich zuhause, wenn ihr Heinz wieder mal mit schwerer Zunge nach dem Kleinen ausholt. Farbenspiel hätte ich gewonnen, mault sie den tunesischen Animateur an, aber das haben wir ja nicht gemacht. In der Tat, Diana, in der Tat. Die Essen hier im Hauptrestaurant sind nichts für Paranoide, schon gar nichts für Xenophobe, überall stehen dunkelhäutige Männer in grün-weißen Uniformen, streichen wie die magere Katze (die auch immer pünktlich auf der Terrasse erscheint und sich hinter den großen schweren Steinfüßen der Sonnenschirme versteckt, während die Ohren wie pelzige Satellitenschüsseln die Geräusche sondieren) zwischen den gedeckten Tischen herum, stehen hinter einem, beobachten jeden Bissen, der in den Touristenmündern verschwindet, um in derselben Sekunde, in der Messer & Gabel auf den Teller gelegt werden, sofort die Hand zuschnappen zu lassen, und einem das runde Porzellan wegzunehmen, wer sich überrascht, muß aufpassen, nicht an dem letzten Bissen zu ersticken, der noch im Mund steckt. Der Paranoide setzt sich deswegen stets mit dem Rücken zur Wand, der Xenophobe müsste sich den Teller vollpacken und damit auf sein Hotelzimmer verschwinden, wo er deutsches Fernsehen schaut, vielleicht telefoniert er auch mit daheim und beschwert sich gleich mal über das Wetter, das so gar nicht ist wie in den Prospekten, der Xenophobe schaltet auf Kanal 1, 2 und 3, wo das interne Clubfernsehen in Dauerschleife läuft, und da sieht der Strand (auf dem nur hübsche Menschen herumturnen - wer auch einer von ihnen sein will, kann sich das offizielle Cluboutfit kaufen) aus wie gebleichte Zähne, von Allah herausgeschlagen, in seiner mächtigen Faust zerquetscht und dann über dem Meer hinabgestreut, das wiederum aussieht wie ein gigantischer steriler Swimmingpool, ja und dann erst das Gras - von dem wollen wir erst gar nicht anfangen, besser so. Ist ja auch nicht so, dass die Prinzessin aus dem Showprogramm im Theater einen der Frösche vom Boden an der Poolbar aufhebt und ihm einen Kuss auf's Maul gibt. Wenn der Abendwind unter dem Flaggenmond weht, betrunken durch die Celtia-Rülpser, die ab Mitternacht aus dem "Blue Dolphin" kommen, an dessen Wänden aber Fischnetze hängen (in der Mitte tanzen zwei Kerle mit viel zu großen Karohemden zu Haddaway, sie sind so fett geworden, dass sie - anders als manche Männer - endlich aufgehört haben, ihre Hemden vorne in den Bund zu stecken, der Bierbauch wackelt befreit in der Discoenklave, die nach Heimat klingt), riecht es überall nach Essensresten - wer das Meer riechen will, muss also direkt ans Wasser hinab gehen, aber - was einem dort eben auch passieren kann: eine Gruppe schwäbischer Hausfrauen um die 50 spielt Bocchia, säuft dabei gackernd Sekt, während der Hahn im Korb breitbeinig daneben steht, er hat den obligatorischen starken Sonnenbrand (sonst glaubt ihm ja keiner das mit dem Traumurlaub), eine dicke Uhr und eine Goldkette um, da muss irgendwas mal früher gewesen sein, irgendein ganz seltsamer Modetrend in den 60ern, der heute noch Männer um die Fünfzig dazu bringt, einen engen Badeslip in die Falte unter dem Bauch zu klemmen. Der Gockel sieht eine Weile zu, dann macht er einige Schritte von ihnen weg und läßt dann ungeniert neben dem Liegestuhl einen auf Gesichtshöhe fahren, und wie Fürze aus nassen engen Badehosen klingen und riechen, weiß man also spätestens jetzt. Wer sich ins offene Meer flüchten will, bekommt Probleme, sobald er aus dem 50x50m großen Rechteck aus schwimmenden Bojen krault, denn da ist Banana Boat-Land, der Fahrer des Schlepp-Motorbootes sieht einen grimmig an und schüttelt vehement den Zeigefinger, und tatsächlich hält sich jeder daran, wie du bald feststellst. Ja, ich war im Meer schwimmen, werden sie alle später erzählen, ich geh' doch nicht in den Swimmingpool, wenn ich schonmal in Tunesien bin, und dann werden sie die Fotos herausholen, die der Hoffotograph von ihnen beim Wasserski gemacht hat, der Kerl ist ein Paparazzo und überall, verhält sich so, als wäre hier jeder ein Promi, knipst seine Chips unentwegt voll, die Bilder werden dann in den Automaten (den du davor für einen Photoplay-Automat gehalten hast, der da neben den zwei Billardtischen, dem Tischkicker und dem NEOGEO-Automat mit Puzzle Bobble steht) im Durchgang zwischen Rezeption & Strandgelände überspielt, man kann sich daran wie bei Schlecker durch die Fotos touchscreenen, sich die aussuchen, die man haben will und schön Geld dafür hinblättern. Obwohl all inclusive, ist hier kaum was wirklich umsonst, die Internetstunde kostet knapp fünf Euro, da fragt man sich, ob es dann nicht vielleicht auch Clubnutten für das "Blue Dolphin" gibt, die in dem Trakt rechts neben dem Haupteingang wohnen, wo aus Lautsprechern "I never promised you a rose garden" läuft? Aber zum Glück kostet das Alkoholische nichts, du kannst mal nachrechnen, wieviele Cocktails du trinken müsstest, um die Ausgaben für den Urlaub zu nivellieren, sollten so um die 500 sein. Wir merken uns also folgende drei Sätze, die wir jedem Bediensteten (oder heißt es Angestellter oder Aldianer sogar?) an den Kopf knallen, wenn er fragt: Ca va? 1. Ceci n'est pas all inclusive. 2. Ceci n'est pas un vacance. 3. Ceci est une projection d'un vacance. Der Punkt ist, dass es natürlich doch unter den Animateusen Nutten gibt, die sich an die Animateure ranschmeissen, wenn der Glatzkopf-DJ, der natürlich mit einem Mikrofon deutsches Gebrabbel in jedes Lied reinlabern muss (nicht, dass die Musik gut wäre, aber im Tierreich paaren sich die meisten ja auch auf dem Boden ohne Klangteppich), ein Remix-Medley von "Mambo No. 5" auf seiner Playlist anklickt. Am Ende der Nacht wird er in der Lobby-Bar hocken und sich mit einer Frau unterhalten, die verschwindet, wenn du dort mit nasser Badehose vom nächtlichen Swimmingpool-Ausflug auftauchst, was der DJ cool findet, aber nicht so cool ist es, dass es keine Hühner mehr gibt, wie er feststellt mit einer Miene, als müsste er jemandem eine terminale Diagnose mitteilen, woraufhin er die Bar verlässt. Auf Wiederhören, DJ. Was zurück bleibt: der Gestank von Duty-Free-Parfum, der Brauch, sich zuviel davon abends an den Körper zu sprühen, bis jeglicher Salzgeruch des Mittelmeeres aus den Luftmolekülen exorziert ist, ist bei Männern und Frauen hier weit verbreitet, häufiger als der auf arabisch geschriebene Vorname auf dem Oberarm, den man hier auch irgendwo gegen Geld verpasst bekommen kann. Leider taucht aber niemals einer der Männer in orangener- oder andersfarbiger Arbeitskleidung auf (es gibt hier einen hierarchischen Kleidungsfarbencode, fast kastenartig), der wiederum irgendwas anderes anderes Reinigendes in die Luft sprüht, der Geruch nach diesem bestimmten Parfum ist überall, vielleicht sind das die von Neckermann, die ihren Babynahrungsurlaub hier verbringen, alles schön vorgekaut (apropos: du darfst natürlich auch das Essen nicht aus dem Restaurantbereich tragen, um in Ruhe am Meer oder wenigstens am Pool ohne Familiengeschrei dein Mahl zu verbringen), aber immerhin, wenn genügend von der Sorte im "Blue Dolphin" sind, vermischt sich der Kloakengeruch der Toiletten nebenan damit, plus ein wenig Duty-Free-Zigaretten und fertig ist die MacGyver-Lüftung. Wenn du nicht solange warten kannst, betäub' deine Geruchsnerven mit den klebrigsüßen Cocktails (während der Cabana-Jungen-Lookalike die Zutaten zusammenmischt, kannst du auf das "Cocktail Bar"-Holzschild über seinem Kopf starren und dich fragen, ob schon jemand mal aufgefallen ist, dass sowohl "cock" als auch "tail" Schwanz bedeuten, ob das einer dieser Zufälle ist?), bis du nicht mehr - beim Blick in den Toilettenspiegel - sicher bist, ob das ein Sonnenbrand auf deiner Nase ist, oder die rote Verfärbung vom Frusttrinken kommt (wenn du nachrechnest, wieviele Cocktails du trinken müsstest, um die Kosten für den Urlaub wieder reinzuholen, sind das ungefähr um die 20 Stück pro Tag). Aber darüber beschwert man sich hier nicht, du bist der weiße Fussel auf dem schwarzen Smoking im Club-Schwarzlicht, vergiß das nicht. Und die große Fusselbürste erscheint dir nur in der Fantasiegestalt einer rollenden Flutwelle, die sich plötzlich im flachen Wasser vor der Strandbar meterhoch auftürmt und wie ein großes Zeichentrickungeheuer mit blauweißen Zähnen den Sand und die penibel gepflegte Grünanlage dahinter mit einem Haps verschlingt, von den daraufhin Vermissten bleibt zurück: einige Bauchnabelpiercings, verspiegelte Sonnenbrillen, eine auf absonderliche Art und Weise abgezogene Rückenhaut incl. chinesischer Schriftzeichen von Genick bis Steißbein, ein paar Fußkettchen aus Muscheln, zwei Stangen Zigaretten (bei einem der Strandverkäufer erstanden), diverseste Slimfit-Badeanzüge aus der QVC-Werbung mit Fisch- und Tigerstreifenmusterung, ein halbes dutzend leerer Kinderwagen (auf dem Kopf liegend, die Räder drehen sich noch) und ein linker Golfhandschuh, alles verstreut auf einer schmutzigbraunglatten abrasierten Fläche, als hätte Petrus sich einen Spaß erlaubt und Millarden Kubikmeter Wasser auf einige Sanddünen in der Sahara geschüttet. Und genau in so einen glatten Sand schreibt einer mit einem Stock sorgfältig ein paar Buchstaben, wer romantisch denkt, der weiß: er malt ein Herz und zwei Buchstaben dort hinein, macht dann mit seiner Digitalkamera (von denen übrigens das Monster nur die Umhängeschlaufen wieder ausgespuckt hat) ein Bild und schickt es gleich per email an die loveofmylife zuhause in Deutschland, wer realistisch denkt, weiß: hier ist jene Originalität am Werke, die tausendfach von Videotouristen angewandt wird, für den Titel des Urlaubsfilmes, später am PC zurechtgeschnitten und sich dann incl. Cover auf DVD gebrannt, optoelektrische Erinnerung, und mit der gewissen sadistischen Schadenfreude, die hier mit einer handfesten Holidaydepression ein Doppelzimmer Richtung Hauptstrasse belegt (wo ab 21 Uhr bis Mitternacht Klassiker wie "Next door to Alice" aus dem Konkurrenzhotel herüberschallen), jene, die lächelt, wenn endlich eines der dutzenden Kleinkinder, die eines Tages auftauchten, als wäre ein großes Paket extra aus Deutschland eingeflogen worden, beim Herumkreischen und Herumrennen im Clubamphitheater auf die Schnauze fällt und sich heulend nach der nicht anwesenden Aufsichtsperson (Mutter trinkt Sekt an der Bar) umsieht, stattdessen aber nur mit deinem "Das-kommt-eben-davon-du-Blage-und-jetzt-laß-mich-in-Ruhe-weiter-die-EM-anschauen-sonst-werf-ich-dich-ins-Meer-zum-Tsunamimonster"-Blick bedacht wird, eben jene Schadenfreude also leckt sich lächelnd über die Schneidezähne (übrigens ohne einen angeklebten kleinen blauen Funkelstern, der unter den weiblichen Gästen so beliebt ist wie das nichtssagende Tattoo - Delfin, Rose, Herz, Sonne, Stern, Mandala, Tribal - auf der rechten oder linken oberen Schulter), wenn sich der Clubspielberg gerade konzentriert, die richtige Schärfe einstellt, und gerade auf den REC-Knopf drücken will, als eine Welle die ganze Arbeit zunichte macht. Aber hier bleibt nichts für die Ewigkeit, unter der Strahlesonne läuft das Fließband im Essenzeitengeschwindigkeit (7-10 Uhr Frühstück, 12-14:30 Uhr Mittag, 19-21 Uhr Abendessen) unaufhörlich weiter und weiter, darauf drehen sich die Pauschal-Paschas wie in der Mikrowelle um sich selbst, von allen Seiten mal was abkriegen wollen, dass Neue ankommen, merkt keiner, weil alle gleich aussehen. Eine Herz-Rhythmus-Maschine, die das rote Zeug einmal durch Foyer, Restaurant, Wellness-Center, Night-Club und Golfplatz pumpt, es anreichert mit Urlaubspartikeln, schwarze Kerne, die wie Tumoren im Melonenfleisch sitzen, wie die dunklen Körper der afrikanischen Jungen (die eines Tages gleichzeitig mit ihren Großfamilien und einer gröhlenden Handballergruppe aus Hessen auftauchten) im blauen Chlorwasser des kinderfressenden Swimmingpools, ein Kontrastmittel mit Firmenlogo, das sich zwischen den Neuronen ablagert, schläft, und reaktiviert wird, wenn es um den nächsten Urlaub geht. Dann greift wohl der gleiche Mechanismus wie nach beendeten Beziehungen oder faschistischen Regimen: alles was schlecht war, wird ausgeblendet im Nachhinein, die wenigen schönen Momente bleiben, erinnerst du dich noch daran, wie dir plötzlich auffiel, dass der Himmel so weit und breit sein kann, dass du beim Hochsehen das Gleichgewicht verlieren kannst, weil keine Häuserfronten ihn hier zuwuchern? Oder die Narbe hier, die ist von dem Kätzchen, dass eines Nachts unten am Meer (Der 3/4tel-Mond hatte eine breite Milchbahn darauf gegossen) zu dir kam und sich mit verspielten Krallen und Zähnchen in deinen Handrücken, deinen Unterarm verbiss, während du einen Schluck kühles Celtia aus der Flasche genommen hast. Trotzdem bleibt das Gefühl zurück, dass man hat, wenn jeden Tag am Strand (der übrigens jeden Morgen von alten Arabern von den angeschwemmten Algen befreit wird, die das Zeug hinten auf einen Traktoranhänger werfen) der verwirrte ältere Mann mit der Kleinjungen-Schildmütze über der Knollennase, einer Jutetasche um die eine Schulter gehängt mit seinen zwei Holzstöckchen entlangläuft, eigenartig gebückt, die rosa Badehose verschwindet fast unter dem kugelrunden Bauch, als würde er was suchen und wüsste aber nicht mehr was, vielleicht ja die Quallen aus Plastiktüten, oder den Zugang zur Höhle der Marienkäfer, die hier von den gelb-weiß-gestreiften Badeliegenauflagen und Handtüchern irritiert werden und ständig zwischen den Beinhaaren bruchlanden und sich dann ohne Machete völlig im Gestrüpp verirren, vielleicht sucht er aber nur nach dem großen Tonarm mit der Diamanten-Plattennadel, um sie aus der Endlosrille mit dem Sprung (siehe hessische Handballer, die nichts anderes singen als : Allez-allez, eine Strasse, viele Bäume - ja das ist eine Allee und sich immer und immer wieder auf's Neue auf dieses wahnsinng kreative Wortspiel freuen können, solche Leute tragen auch gerne T-Shirts mit Slogans, die sich andere ausgedacht haben) herauszuhieven und auf die neue Spur aus geheimnisvollen Fußspuren (sie kommen direkt aus dem Meer) im Sand (der sich wie Frauenhaar zwischen deinen Fingern anfühlt) zu setzen. Denk daran, wenn das Fotographieren wieder losgeht: das sind wir beim Auschecken an der Rezeption, das sind wir im Shuttlebus, das sind wir vor / im Flughafen, vor / im Flugzeug, das bis an die Decke vollgestapelt ist mit leichten Verbrennungen, schließ' deine Augen für 140 Minuten und vielleicht taucht sie ja aus den Wolken auf zu dir, küsst dich auf die Stirn und flüstert: "Wo warst du denn? Ich habe die ganze Zeit nur auf dich gewartet."
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